Guinness und sein Monsieur Lapin, Foto: Andréa Engel-von Carlowitz
Guinness und sein Monsieur Lapin, Foto: Andréa Engel-von Carlowitz

Guinness (Otto vom Belauer See) und sein «Monsieur Lapin»

 

 

Ein sehr heißer Nachmittag bei angeregten Gesprächen mit Ulf im schattigen und trotz großer Trockenheit wunderschön blühenden Garten. Zu unseren Füssen dösen freundliche braune und braun-weiß gefleckte Hunde, ein rundlicher kleiner Welpe rudert heftig mit den kurzen Beinchen, um sich einen guten Platz auf dem Liegebett zu sichern – und es gelingt ihm. Dieses zielstrebige kleine Bündel Hund soll von nun ab Guinness heißen und am nächsten Tag mit uns ganze 1000 km südwärts nach Salzburg reisen. Auf dem hölzernen Gartentisch steht ein größeres und mit durchsichtiger Folie umhülltes Paket. Deutlich sichtbar thront in diesem Paket ist ein grauer Plüschhase. Nach Abwicklung aller üblichen Formalitäten vereinbaren wir die Abholung von Guinness für den nächsten Morgen, früh genug, um die 500 km der ersten Etappe bis zur Zwischenübernachtung auf der stark überfüllten Autobahn noch zu schaffen. Die Nacht erscheint elend lang, so sehr freuen wir uns schon auf unseren Guinness.

 

 Am nächsten Morgen trennen sich Ulf und Jörg sichtlich schwer von Otto/Guinness. Guinness aber scheint ganz selbstverständlich die beiden neuen Freunde zu beäugen, die im Auto in den beiden Nachbarkäfigen auf ihn warten. Auch Louna, die Springer Hündin und Titus, der Cocker Spaniel empfangen ihn freundlich. Er bekommt seine bekannte Decke aus dem großen Paket und den grauen Hasen mit in seine Box und wir fünf beginnen die mühsame Reise in Richtung Fulda, genau halbwegs nach Salzburg, wo wir uns vorsorglich eine Übernachtungsmöglichkeit reserviert hatten. Kaum sind wir aus Belau auf die Autobahn aufgefahren, hört Guinness‘ leises Weinen auf, er rollt sich auf und um seinen Hasen zusammen und schläft ein. Immer wieder bleiben wir an Raststätten stehen, um den Hunden zu trinken zu geben und sie ein paar Schritte machen zu lassen. Guinness marschiert ganz selbstverständlich neben den beiden „Großen“ einher, trinkt ein paar Schlucke und rollt sich dann ganz zufrieden wieder auf dem Hasen zusammen für die nächste Etappe.

 

 

Gegen 16 Uhr kommen wir in dem großen Hotel nahe Fulda an und nehmen unser „extra für Aufenthalt mit Hunden“ reserviertes Zimmer in Besitz. Es ist wirklich sehr praktisch, ebenerdig gelegen und mit einem direkten Zugang aus dem Zimmer auf eine gut eingezäunte Wiese – ideal für die erste Nacht mit einem Welpen! Die Reisekäfige für die Hunde sind schnell im geräumigen Zimmer aufgestellt, die Wasserschüssel im Badezimmer bereitgestellt und die Hunde bekommen Zeit, sich in dieser neuen Umgebung mal umzusehen. Natürlich wird auch die Wiese vor dem Zimmer in Augenschein genommen. Guinness läuft mit und tut so, als wäre das alles vollständig normal. Wir entdecken, dass auch die Zimmer neben uns direkten Zugang zur Wiese haben. Ein Paar mittleren Alters sitzt da und lächelt freundlich über das Treiben der Hunde. Immer wieder laufen die Hunde ins Zimmer, um zu trinken. Und – siehe da – plötzlich erscheint Guinness mit dem grauen Hasen, den wir natürlich vorsorglich für die Nacht mit ins Zimmer genommen hatten, und präsentiert ihn ganz stolz den freundlichen Nachbarn. Die Freude auf allen Seiten ist groß; wir haben da offensichtlich genau den Hund bekommen, den wir uns so sehr gewünscht hatten. Guinness hat die Reise in der großen Hitze und die doch sehr einschneidende Veränderung in seinem Leben gleich so selbstverständlich weggesteckt. Die Nacht verläuft ohne den leisesten Protest – natürlich sehr erleichtert durch die Möglichkeit, mühelos mehrmals eine kleine Entleerungspause auf der Wiese vor der Türe zu drehen. Der Hase wird immer mitgetragen und dann wieder mit in den Schlafkäfig gepackt.

 

Und so bleibt es nunmehr seit 2 überglücklichen Jahren mit Guinness! Der große graue Hase ist weiterhin unversehrt – obwohl alle anderen mit Louna und Titus geteilten Spielzeuge mittlerweile schwerst beschädigt ersetzt werden mussten. Wie üblich, bekommen alle Spielzeuge unserer Hunde einen Namen, den sie auch sehr schnell lernen und gerne auf Aufforderung den Richtigen aus dem Sortiment anschleppen. Da wegen unseres 50-jährigen Aufenthalts in der französisch-sprachigen Schweiz unsere Umgangssprache weiterhin Französisch ist (auch mit den Hunden), wurde aus dem großen grauen Hasen aus Belau also sehr schnell «Monsieur Lapin» (was eigentlich Herr Kaninchen heißt). Er wohnt tagsüber in Guinness‘ Schlafbox in unserem Schlafzimmer. Guinness liebt seine Schlafbox, zieht sich regelmäßig und gerne für ein kurzes Schläfchen mit «Monsieur Lapin» darin zurück. «Monsieur Lapin» verlässt tagsüber seine Box allerdings nicht. Nur abends, wenn Guinness so gegen 23 Uhr endgültig beschließt seinen Nachtschlaf in Angriff zu nehmen, tut er das Kund, indem er «Monsieur Lapin» triumphierend in einer Ehrenrunde durch das Zimmer trägt, ihn uns eindringlich auf die Füße legt und uns zu verstehen gibt, dass nunmehr die Türe zu seiner Schlafbox geschlossen werden sollte. Und so geschieht es auch Abend um Abend ... und hoffentlich noch sehr, sehr lange! Was für ein glücklicher Tag, als wir Guinness und «Monsieur Lapin» bei Ulf abgeholt haben!

 

 Andréa Engel-von Carlowitz, Salzburg